Bundeskartellamt fordert freieren Zugang zu Mobilfunknetzen für Wettbewerber

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Deutschland braucht mehr echten Wettbewerb im Mobilfunk: Zusammengefasst ist das die Überzeugung des Bundeskartellamtes, seines Zeichens Hüter des freien Wettbewerbs. Den sieht die Behörde allerdings zumindest beeinträchtigt, wenn die Pläne der Bundesnetzagentur Bestand haben, die die fortdauernde Nutzung der Mobilfunkspektren durch die drei Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica zu weitgehend unveränderten Konditionen vorsehen.
Vor allem sehen diese Pläne nicht vor, Wettbewerbern ohne Weiteres Zugang zu den eigenen Netzen zu gewähren. Einen solchen benötigen zwingend sogenannte virtuelle Netzbetreiber, Anbieter also, die kein eigenes Netz unterhalten und Kapazitäten in einem der drei Netze für ihre Dienste anmieten. Wer da aktuell im besten Handynetz funkt, ist da oft auch nicht klar.
Für die Betreiber ist das ein durchaus lukratives Geschäft. Daneben soll aber perspektivisch wieder ein viertes echtes Mobilfunknetz weiter ausgebaut werden, das aber für den Anfang Starthilfe braucht.
Von vier zu drei und wieder zu vier Netzen in Deutschland
Lange hatte Deutschland vier Netze, bis E-Plus und O₂ zu einem Netz verschmolzen wurden. Nun hat seit einiger Zeit mit 1&1 erneut ein vierter Anbieter bundesweite Frequenznutzungsrechte inne. Damit einher geht das Recht, aber auch die Pflicht, ein eigenes flächendeckendes Netz zu errichten und zu betreiben.
Bislang ist 1&1 damit allerdings nicht sehr weit gekommen, es liegt Lichtjahre hinter den eigenen Ausbauplänen und betreibt bundesweit nur wenige Dutzend Funkmasten. Faktisch die überwiegende Mehrheit der 1&1-Kunden, die nach und nach auf das entstehende Netz migriert werden, landen zunächst in einem Fremdnetz, im Rahmen eines Abkommens zum National Roaming. Nicht nur der Anteil an Funkmasten, auch der Anteil an aktiven SIM-Karten im 1&1-Netz ist auch ein gutes Jahr nach Netzstart noch gering.

Mobilfunk von 1&1 erreicht nur wenige User
Zuerst war National-Roaming-Partner das Telefónica-, später das Vodafone-Netz, mehr dazu liest Du in unserem Beitrag zum 1&1-Roaming bei Vodafone. Diese Konstellation weckt Erinnerungen an das lange zurückliegende nationale Roaming von O₂-Kunden im Telekom-Netz, während das neue E-Netz von ehemals FIAG Interkom langsam aufgebaut wurde.
Auch dieses Vorhaben schritt langsam voran, man könnte jedoch zu der Auffassung gelangen, zumindest doch schneller als heute der Start von 1&1 als eigenständiger Netzbetreiber.
Kartellwächter mahnen mehr Wettbewerb an
1&1 indes, obschon häufig harsch für den schleichenden Netzaufbau kritisiert, sieht die Schuld an anderer Stelle, spricht von Behinderungen durch die Frequenzvergabepraxis und Herausforderungen durch den OpenRAN-Ansatz, den man als erster deutscher Netzbetreiber konsequent verfolgt und der, so scheint es, für den Moment mehr Probleme als Vorteile bringt.
Die Kartellwächter sehen die Bundesnetzagentur in ihrem Plan, die Mitnutzung der drei deutschen Netze den Verhandlungen zwischen den beteiligten Unternehmen zu verlassen, eine Bremsung echten Wettbewerbs. Das Amt fordert eine Verpflichtung für die Netzbetreiber, weitere Mieter auf ihre Netze zu lassen.
Wenig überraschend sekundieren die Unternehmen im Branchenverband für Breitbandanbieter Breko, in dem private Provider organisiert sind, die sich als Telekom-Rivalen sehen, den Behördenstandpunkt und fordern ebenfalls eine echte Verpflichtung zur Möglichkeit der Mitnutzung. Behördenchef Andreas Mundt sieht die Gefahr, ein lebendiger Wettbewerb auf dem Vorleistungsmarkt für Großkunden, auf dem Kapazitäten für Endkundenangebote gehandelt werden, könnte durch das gegenwärtig vorgesehene Prozedere um Jahre zurückgeworfen werden.
Das Kartellamt hatte bereits zuvor eine initiale Fassung der Vorstellungen zur Weiternutzung der Mobilfunkfrequenzen abgelehnt und stattdessen ein neues Vergabeverfahren angeregt.
Das Amt kritisiert die aus Sicht der Behörde nach wie vor unkonkreten Anforderungen an effektiv durchsetzbaren Regeln für einen echten Wettbewerb auf dem Vorleistungsmarkt und sieht weiteren Anpassungsbedarf, wie es in einer entsprechenden Stellungnahme schreibt. Vor diesem Hintergrund wird es interessant zu beobachten, wie das konfliktbehaftete Thema im Dreieck aus Bundesnetzagentur, Bundeskartellamt und Monopolkommission weiter gehandhabt wird.
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