Nomophobie, oder: die Angst vor dem Offline
Im Jahr 2024 nutzten in Deutschland rund 69,1 Millionen Menschen ein Smartphone. Das sind rund 83 Prozent. 2021 lag der Anteil noch bei 78 Prozent – wir beobachten also eine stetige Steigung.
Die tägliche Nutzungsdauer lag 2024 bei gut zweieinhalb Stunden. Und wie oft nutzt Du Dein Smartphone? Wie fühlt es sich für Dich an, kein Handy zur Hand zu haben? Wirst Du unruhig und fühlst Du Dich vielleicht sogar verunsichert?
Das Wichtigste in Kürze
- Nomophobie beschreibt die Angst, nicht erreichbar zu sein.
- Es handelt sich um eine Form der Angststörung, die allerdings nicht als offizielle Krankheit anerkannt wird.
- Typische Symptome sind starke Nervosität, innere Unruhe, zitternde Hände und Schweißausbrüche.
- Ein Digital Detox kann helfen, leichte Formen von Nomophobie zu lindern.
- Bei starker Ausprägung ist der Weg zum Psychologen ratsam.
Nomophobie – Was ist das und woher kommt sie?
Nomophobie, abgeleitet von „No-Mobile-Phone-Phobia“, bezeichnet eine Form der Angststörung, die besonders dann auftritt, wenn das Smartphone nicht griffbereit ist. Denn ja, die Angst, nicht erreichbar zu sein, kann negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben.
Eine Studie der Privaten Hochschule Göttingen kam zum Ergebnis, dass diese vor allem bei exzessiver Smartphone-Nutzung auftritt. Sie zeigte außerdem,
„dass fast die Hälfte der Teilnehmenden (49,4 %) ein mittleres Maß an Nomophobie aufwies, weitere 4,1 % eine schwere Nomophobie.“
Handy-Sucht oder Nomophobie?
Wer unter einer Handy-Sucht leidet, fürchtet nicht, das Smartphone nicht nutzen zu können. Hier geht es vielmehr darum, automatisch zum Handy zu greifen, fast wie eine Art Zwangsstörung. Anders als bei der Nomophobie spielt hier aber keine Verlustangst mit. Wer von einer Handy-Sucht betroffen ist, weist nicht die typischen Symptome einer Angststörung auf und wird nicht gleich unruhig, wenn das Smartphone nicht griffbereit liegt. Es handelt sich eher um eine sehr stark ausgeprägte Angewohnheit.
Nomophobie weist zwar Überschneidungen zur Handy-Sucht auf, wird aber den Angststörungen zugeordnet. Trotz dieser Kategorisierung ist die Nomophobie aber noch nicht als offizielle Krankheit anerkannt. Sie wird lediglich als stress- und angstauslösendes Phänomen angesehen, was aber auf keinen Fall bedeutet, dass sie nicht ernst genommen werden sollte!
Anzeichen und Warnsignale für Nomophobie
Wie fühlst Du Dich ohne Smartphone? Unwohl, ängstlich, nervös oder gereizt? All das sind typische Symptome für Nomophobie. Hinzu können Verunsicherung, innere Unruhe, Zittern oder Schweißausbrüche kommen.
Die Ängste können auftreten, wenn das Smartphone verloren geht, Du vom Gerät getrennt bist (und dieses zum Beispiel in einem anderen Raum liegt) oder aber auch, wenn Du kein Netz hast und damit nicht erreichbar bist.
An diesen Dimensionen wird die Angst für den Smartphone-Verlust gemessen:
- Nicht kommunizieren können
- Verbindungsverlust
- Nicht auf Informationen zugreifen können
- Komfortverzicht
Wie stark diese vier Dimensionen ausgeprägt sind, steht in direktem Verhältnis zur Stärke der Nomophobie.
Übrigens: Frauen sind stärker von Nomophobie betroffen als Männer. Warum genau das so ist, konnte bisher noch nicht durch Studien belegt werden. Allerdings geht man davon aus, dass Frauen ein stärkeres Bedürfnis nach sozialen Bindungen haben.
Hilfsangebote und Maßnahmen zur Selbsthilfe
Du befürchtest, unter Nomophobie zu leiden? Dann kann ein Selbsttest einen ersten guten Hinweis geben. Online findest Du verschiedene Möglichkeiten einen solchen durchzuführen.
Dein Verdacht scheint sich zu bestätigen? Dann wird es Zeit, zu handeln.
Hilfreich bei Nomophobie kann es sein, die Nutzungsdauer des Smartphones zu reduzieren, da diese in direktem Zusammenhang mit der Angststörung steht. Das gelingt Dir beispielsweise mithilfe einer digitalen Auszeit. Auch Meditationen und Atemübungen können hilfreich sein.
Da hinter Nomophobie auch häufig andere psychische Erkrankungen wie z.B. Angst- und Zwangsstörungen oder eine soziale Phobie stecken können, rät Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der Privatklinik Merbeck außerdem dazu, diese primären – also vorausgehenden, bereits existierenden Störungen – mittels kognitiver Verhaltenstherapie zu behandeln.
Kurzum: Glaubst Du, von Nomophobie betroffen zu sein und besteht ein Leidensdruck, dann wende Dich unbedingt an Fachpersonen.
Zum Abschluss haben wir hier noch ein paar schnell umsetzbare Tipps und Tricks für akute Phasen für Dich zusammengestellt:
- langsamer Entwöhnungsprozess: Taste Dich Minute für Minute an die Zeit ohne Handy heran.
- Zugang zum eigenen Smartphone erschweren: Lass z.B. Deine Passwörter von anderen Personen ändern oder lege Dein Handy bewusst in andere Räume.
- Alternativen für das Smartphone nutzen: Für Musik kannst Du auch Dein Radio anstellen, für’s Uhrzeit Ablesen eine Armbanduhr nutzen oder das Kochbuch für Rezepte zu Hilfe nehmen.
- Ersatzgegenstand suchen: Beschäftige Deine Hände zum Beispiel mit einem Antistressball, um so das Bedürfnis zu umgehen, zum Smartphone zu greifen.
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