Handy-Sucht: Bist Du abhängig von Deinem Smartphone?

Wenn die Handynutzung zur Sucht wird (Bild: mohamed_hassan @ pixabay)
Handy-Sucht: hoher Konsum vor allem auf Social Media
Als Richtwert, ab wann ein Person als handysüchtig eingestuft wird, liegt bei 60 Griffen zum Smartphone am Tag. Lass uns diese Zahl etwas anschaulicher gestalten:
Ziehen wir von 24 Stunden am Tag durchschnittliche acht Stunden Schlaf ab und teilen den Rest durch die besagte 60, kommen wir auf einen Blick auf das Handy alle 16 Minuten. Gar nicht mal so wenig, wie sogar wir Handyhasen finden.
Gerade die Handysucht im Bereich Social Media scheint ein Problem zu sein. Die WHO berichtet, dass jeder zehnte Heranwachsende in Europa „Anzeichen für ein problematisches Social-Media-Verhalten“ aufweist. Damit meint sie suchtähnliches Verhalten, das sich beispielsweise durch unkontrollierte Nutzung, Vernachlässigung anderer Aktivitäten und sogar Entzugserscheinungen charakterisieren lässt.
Psychologin Franca Cerutti begründet die Handy-Sucht in Bezug auf Social Media in ihrem Podcast folgendermaßen:
Das Scrollen gaukelt zwischenmenschlichen Kontakt vor, der das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert. Dabei findet oftmals gar kein Austausch statt, wie sie weiter erklärt:
„Sie [die Nutzer] nehmen wirklich nur wie so ein Zaungast am Leben anderer Menschen teil, […] interagieren aber nicht.“
Handy-Sucht – eine wirkliche Suchterkrankung?
Die Einordnung der Handy-Abhängigkeit als Suchterkrankung ist unter Experten umstritten. Im Gegensatz zur Computerspiel-Abhängigkeit wird die Handy-Sucht von der WHO nicht als Suchterkrankung anerkannt.
Bei fragwürdiger Smartphone-Nutzung im Zusammenhang mit Abhängigkeit und Sucht wird eher von einem Problem-Verhalten gesprochen.
Eine Einordnung und Anerkennung fällt schwer, denn es ist ja nicht das Smartphone selbst, das süchtig machen kann, sondern die Inhalte, die Du damit konsumieren kannst.
Wie entsteht Handy-Abhängigkeit?
Wir haben es mit den Worten von Psychologin Franca Cerutti bereits angedeutet: Während der Handynutzung schüttet das Gehirn Dopamin aus. Das geschieht nicht nur, während Du auf Social Media aktiv bist. Dreh- und Angelpunkt ist vor allem der minimale Aufwand, den zahlreiche Apps bieten. Bequem swipen und so maximal Inhalte konsumieren: auch das aktiviert das Belohnungssystem.
Anbieter digitaler Dienste machen sich dieses Belohnungssystem zu nutze und bieten Features an, die diese Abhängigkeit verstärken können:
- Lesebestätigungen bei Nachrichten
- Likes als „soziale Währung“
- Personalisierung der Inhalte gepaart mit anhaltendem Scrollen, bei dem Inhalte ziellos konsumiert werden
All das kann auch in engem Zusammengang mit FOMO, der Angst, etwas zu verpassen, stehen.
@handyhase FOMO – the fear of missing out. Ein Begriff, der gerade durch Social Media sehr geprägt wurde. Auch im Bereich Smartphones kommt einem oft der Gedanke, dass man sich das neuste vom neusten jetzt kaufen muss, um mitzuhalten. Besseres Smartphone = bessere Bilder = besseres online Auftreten. Aber stimmt das wirklich? #fomo #fearofmissingout #socialmediafomo #smartphonenews #smartphonetrends #techtok #apple #samsung
Was passiert bei ständiger Smartphone-Nutzung?
Die ständige Nutzung des Handys und das Konsumieren der Inhalte sozialer Netzwerke, Messengern und Videos zerteilt den Alltag, wie Professor Christian Montag erklärt.
Der Psychologe sagt, unser Leben findet quasi zwischen den Zeiten, in denen wir unser Smartphone checken, in sehr kurzen Einheiten statt. Das führe bei vielen Nutzerinnen und Nutzern zu verminderter Konzentration im Allgemeinen aber auch zu verschiedenen Ängsten und Symptomen einer Abhängigkeit.
Anzeichen und Warnzeichen für Handy-Sucht
Die Warnsignale, die auf eine Handy-Sucht hindeuten können, sind sehr individuell. Bemerkst Du folgende Anzeichen bei Dir, besteht die Möglichkeit, dass sich eine Sucht zumindest anbahnt:
- Ohne Handy, ohne mich: Du vernachlässigst soziale Kontakte oder tauschst Dich mehr virtuell als offline mit anderen Menschen aus.
- Phubbing: Du bist auch in Gesellschaft ständig am Handy.
- Nutzungszwang: Du wartest auf den Bus oder sitzt im Wartezimmer und kannst nicht anders, als Dich währenddessen mit Deinem Smartphone zu beschäftigen.
- Post-Text-Stress-Syndrom: Nachdem Du eine Nachricht versendet oder etwas gepostet hast, wartest Du unruhig und nervös auf Reaktionen.
Du kannst Dir auch generell die Frage stellen: Gibt es überhaupt noch eine Zeiträume, in denen Du nicht auf Dein Handy schauen willst? Und falls ja, hast du Angst, etwas zu verpassen?
Tipps und Tricks bei übermäßiger Handynutzung
Du befürchtest, an Handysucht zu leiden? Dann helfen Dir unter Umständen folgende Tipps dabei, daran zu arbeiten.
- Lege feste Handyzeiten fest und setze Dir z.B. ein Stundenlimit für Deine Bildschirmzeit.
- Richte handyfreie Zonen ein, beispielsweise im Schlafzimmer.
- Reduziere Deine Apps auf die nötigsten Anwendungen und schalte Push-Benachrichtigungen aus.
- Lege dein Handy bewusst weg, frei nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn.
- Stelle Deinen Bildschirm auf Schwarz-Weiß um und mache Deine Bildschirmzeit damit optisch unattraktiver.
Neben diesen Hilfestellungen findest Du hier weitere Möglichkeiten bei akutem Hilfebedarf aufgrund einer exzessiven Smartphonenutzung:
- Telefonseelsorge: 0800 1110111
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- DIA-NET – Diagnostik der Internetabhängigkeit im Netz
Unsere wichtigsten Lesetipps rund um die Handynutzung
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